Das Programm

SA, 30. April 2022
12 Uhr, Seetelhotel Ahlbecker Hof
Seebad Ahlbeck

Lesung und Gespräch mit Tanja Maljartschuk, moderiert von Dr. Andreas Kossert (Laudatio)

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Tanja Maljartschuk – Foto: Michael Stiller

Voller Melancholie, Heiterkeit und Poesie bringt Tanja Maljartschuk in ihrem Meisterwerk Blauwal der Erinnerung – für den sie den Usedomer Literaturpreis 2022 erhält – disparateste Erscheinungen in Einklang. Sie erzählt faszinierend detailliert aus dem Leben des ukrainischen Volkshelden Wjatscheslaw Lypynskyi und zugleich dem traurigen Liebesleben einer Schriftstellerin siebzig Jahre später. Die Frau leidet, nach unglücklichen Beziehungen aus der Bahn geworfen, unter Panikattacken und verlässt monatelang die Wohnung nicht. Orientierung und Halt gibt ihr die historische Figur, die für die Geschichte der Ukraine eine große Rolle spielte. Der literarisch beeindruckende Roman vermag dabei zu zeigen, was es heißt, wenn die eigene Identität aus Angst, Gehorsamkeit und Vergessen besteht.

Tanja Maljartschuk

1983 in Iwano-Frankiwsk, Ukraine geboren, studierte Philologie an der Universität Iwano-Frankiwsk und arbeitete nach dem Studium als Journalistin in Kiew. 2009 erschien auf Deutsch ihr Erzählband Neunprozentiger Haushaltsessig, 2013 ihr Roman Biografie eines zufälligen Wunders und 2014 Von Hasen und anderen Europäern. 2018 erhielt sie für den Text Frösche im Meer in Klagenfurt den Ingeborg-Bachmann-Preis. Die Autorin schreibt regelmäßig Kolumnen für die Deutsche Welle (Ukraine) und für Zeit Online und lebt seit 2011 in Wien.

Die Jurybegründung

“Der Usedomer Literaturpreis 2022 geht an die ukrainische Schriftstellerin Tanja Maljartschuk. Die Jury zeichnet stellvertretend für ihr Gesamtwerk den Roman „Blauwal der Erinnerung“ aus. Darin erzählt sie die schwierige Nationsbildung der Ukraine anhand der Biographie von Wjatscheslaw Lypynskyj. Dieser wird als Pole geboren, entscheidet sich später jedoch aus freien Stücken für eine ukrainische Identität. In ihrer poetischen Sprache entfaltet sie das weithin vergessene Leben des Geschichtsphilosophen und Politikers aus dem frühen 20. Jahrhundert, dessen Lebenstraum eine unabhängige Ukraine war. Sprachlich brillant setzt sie dabei dessen Lebensgeschichte in Bezug zu ihrer eigenen Biographie. Eine wunderbar erzählte und bestechend aufrichtige Selbstbefragung über Identität(en), mit der die Preisträgerin zugleich ein wortgewaltiges Erinnerungsbuch über die Geschichte der Ukraine schafft.”

Die Jury

Olga Tokarczuk

wurde 1962 in Sulechow geboren und studierte Psychologie in Warschau. Sie gilt als eine der interessantesten polnischen Autorinnen. Ihre Bücher sind bei Kritik wie Lesern gleichermaßen erfolgreich. Ihr Romandebüt Prodroz ludzi ksiegi (Die Reise der Buchmenschen) erschien 1993 und wurde von der Gesellschaft der polnischen Buchverlage als bestes Prosadebüt der Jahre 1992 und 1993 ausgezeichnet. 1995 erschien der Roman E.E. Für ihren dritten Roman Ur und andere Zeiten (Prawiek i inne czasy) erhielt Olga Tokarczuk den Nike Preis. 2019 wurde Olga Tokarczuk mit dem Literaturnobelpreis für das Jahr 2018 ausgezeichnet.

Andreas Kossert

Andreas Kossert, geboren 1970, ist promovierter Historiker und ausgewiesener Kenner des östlichen Mitteleuropa. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, darunter Masuren, Ostpreußen sowie der Bestseller “Kalte Heimat”. Für seine Arbeit wurde ihm der Georg Dehio-Buchpreis verliehen. Er lebt als Historiker und Autor in Berlin. Seit ihrer Gründung 2009 begleitet Andreas Kossert die Usedomer Literaturtage, seit 2012 auch als Jurymitglied für den Usedomer Literaturpreis. 2020 erhielt er für sein jüngstes Buch “Flucht. Eine Menschheitsgeschichte” den NDR Sachbuchpreis. 2021 wurde er für das gleiche Werk für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert.

Manfred Osten

geboren 1938 in Ludwigslust, studierte Rechtswissenschaften, Philosophie, Musikwissenschaft und Literatur in Hamburg und München. Nach der Promotion trat er in den Auswärtigen Dienst mit Stationen in Kamerun, Tschad, Ungarn, Australien und Japan ein. 1993 wurde er Leiter des Osteuropa-Referats der Bundesregierung. Von 1995 bis 2004 war er als Generalsekretär der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in Bonn tätig. Manfred Osten ist Autor zahlreicher Publikationen, führte zweiundvierzig Fernsehgespräche mit Alexander Kluge und ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz sowie der Europäischen Akademie. Außerdem ist er als Jury-Mitglied des Usedomer Literaturpreises und langjähriger Moderator der Usedomer Literaturtage tätig.

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